Neuer Blog über Swing & Tango! Dieser Blog wird eingestellt.

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TanzKulturBlog

Swing & Tango 1 – Roaring Twenties

In der folgenden Reihe möchte ich in mehreren Teilen Swing und Tango aus einer gemeinsamen Perspektive beleuchten. Swing hat mein Interesse geweckt, da viele Swing-Tänzer/innen, wie beim Tango, viel Wert auf Improvisation und Musikalität legen. Auch die Auswahl an anspruchsvoller und reichhaltiger Tanzmusik ist ähnlich groß wie beim Tango, da Swing zu Jazz-Musik aus den 20er, 30er und 40er getanzt wird. Die erste Gemeinsamkeit mit Tango ist somit der zeitliche Rahmen.

Entstehungsgeschichte 1900-1920

Jazz und Tango haben ursprünglich gar nichts mit der gut-bürgerlichen Gesellschaft zu tun sondern eher mit Vergnügungsvierteln zu tun. Im Tango redet man von La Boca in Buneos Aires als Entstehungsort, im Jazz nennt man Storyville in New Orleans. Dort konnte man in der Entstehungszeit von ca. 1900 bis 1917 vielleicht auch schon die ersten Tangos hören, da Tango nach seiner Entstehungszeit von ca. 1880 und schon 1910 auch schon international bekannt wurde. Gespielt wurde Jazz und Tango zuerst von Leuten aus der Unterschicht, die keine professionelle musikalische Ausbildung hatten. Ein gutes und bekanntes Beispiel ist Louis Armstrong der sich selbst Trompeten spielen beibrachte und als Kind schon arbeiten musste. Von den komplizierten Arrangements und den ausgefeilten Klang der großen Orchester der 30er und 40er sind beide Jazz und Tango noch recht weit entfernt. Die kleinen Bands wie die Original Dixieland Jass Band bestand auch nur aus 5 Musiker. Ein Beispiel von dieser Band von Anfang der 20er Jahre:

Auch die Tango-Orchester sind mit 6 Leuten wie das Orquesta Típica Criolla Vicente Greco noch klein:

Aber in Buenos Aires wird in dieser Zeit nicht nur Tango gespielt. Auch später berühmte Leiter von Tango-Orchestern spielen Jazz. Wie das Francisco Canaro Jazz Band mit dem Titel: „Si, si es mi nena“ von 1926:

Oder ein Shimmy „Promesse“ von Roberto Firpo Jazz Band von 1926:

Oder noch eine Tango-Größe „Adolfo Carabelli y su orquesta“ mit dem Titel „Japonesita“:

Adolfo Carabelli y su orquesta – Japonesita

Auch Carlos Gardel war wahrscheinlich nicht nur von den blonden Frauen aus New York inspiriert als er diesen Lied sang: „Rubias de New York“ Auch die Musik aus Nordamerika hat diesen Foxtrott inspiriert.

Einige Foxtrotts von Enrique Rodriguez erfreuen sich bis heute in der Tango-Szene einer großer Popularität. Zum einem „La Colegiala“:

Oder auch den berühmten Jazz-Standard „Bei mir bist du scheen“. Bei diesen Lied handelt es sich um einen Jiddisch Text, deswegen ist „scheen“ kein Schreibfehler. Die Foxtrott-Version von Tango Orchester Enrique Rodriguez heißt „Para mi eres divina“:

Von „Bei mir bist du scheen“ gibt es viele unterschiedliche Versionen. Hier nun eine typische Swing-Version. Die Tänzer tanzen Lindy Hop. Ein Tanz aus den 30er und 40er Jahre, der gleichzeitig durch seine Leichtigkeit und seine Sportlichkeit überzeugt. Er bildet zusammen mit Charleston eine der Haupttänze der heutigen Swing-Szene.

Charleston – Roaring Twenties

Im Gegensatz zum Tango verlässt der Jazz seinen eigentlichen Geburtsort recht schnell und wird in der ganzen USA gespielt. Anfang der 20er Jahre gilt erst Chicago und dann später New York als neue Metropole des Jazz. Die Musik und der Tanzstil ist wild und ungezwungen. Im Tango stand von Anfang an die tänzerische Interaktion der Tanzpartner im Mittelpunkt. So stellte beim Tango nicht so sehr die Musik einen Skandal in konservativen Kreisen im frühen 20. Jahrhundert dar, sondern die körperliche Nähe. Beim Jazz war allein schon die Musik ein Skandal, die viel stärker als beim Tango von afrikanischen Rhythmen geprägt ist. Auch der dazugehörige Tanzstil ist viel stärker durch Afrika beeinflusst, da die Afroamerikaner in den USA für die Entwicklung von Tanz und Musik vor allem in der Anfangszeit maßgeblich waren. Zwar wurden und werden auch afrikanische Traditionen häufig im Tango rezittiert. Am deutlichsten sind diese Zitate in der Candombe. Im folgenden Video „Candombe“ von Francisco Canaro wird deutlich wie die Weißen sich vorstellten, wie die Schwarzen singen und tanzen. Die ganze Darbietung erinnert durch die schwarz geschminkten Tänzer an Blackface-Traditionen aus der USA. Ich hoffe das in dieser Show nicht die Abwertung sondern die Faszination der schwarzen Kultur im Vordergrund stand.

Exotik spielte auch im Jazz eine wichtige Rolle zum Erfolg. So wurde im Cottom Club durch die Einrichtung und die Kostüme bewusst das Klischee von „wilden Negersklaven“ aus den Südstaaten reproduziert.  Schwarze waren aber nur als Musiker und Tänzer willkommen und nicht als Gäste. Trotzdem traten dort die besten Künstler der Zeit auf, wie Duke Ellington:

Je mehr Tango seine afrikanische Einflüsse, wie bei Milonga oder Candombe, betont, um so mehr verschwindet die Grenze zwischen Tango und Swing. So lassen sich die Bewegungen und Figuren aus Charleston auch gut zu Milonga tanzen. Tänzerisch erinnert das das Candombe-Video überhaupt nicht am Tango sondern eher an Josephine Baker, der Ikone des Charleston in den 20er Jahren:


Berühmt ist sie vollen durch den Tanz im Bananen-Rock. Erotische Wirkung nicht durch körperliche Nähe wie im Tango, sondern durch Hüftschwung und Ausdruck erzeugt. Josephine Baker ist bis heute Inspiration von Charleston-Tänzer und vor allem auch von Burlesque-Tänzerinnen wie Sharon Davis und Sweet Chili

Josephine Baker hat den Tanzstil der 20er Jahre, Charleston, mit viel Erotik verbunden. Jedoch wurde dieser wilde und ungezwungene Tanzstil in vielen unterschiedlichen Ausformungen getanzt. Mit den Füßen wird kick und mit die Händen werden durch die Luft gewirbelt. Erlaub ist was Spaß mach und zur Musik passt:

Hier das Lied, Chaleston vom Pual Whiteman Orchester, das dem Tanz seinen Namen gabt mit ein paar grundlegenden Schritten:

Auch wenn es sicherlich auch andere Tänze  zu dieser Zeit gibt bildet er die Grundlage und Inspiration aller weiteren Swing-Tänze die danach kommen. Hier einige grundlegende Schritte zum Mittanzen.

Charleston war zuerst ein Solo-Tanz, der später auch zu zweit getanzt wurde. Im Gegensatz zu Tango, der nur als Paar-Tanz vorstellbar ist, wechselt man teilweise bei Swing-Tänzen zwischen Solo- und Paar-Tanz hin und her. Viele Bewegungen, die sogenannten Moves sind daher auch einzeln tanzbar und übbar.  Dies eröffnet den Tanzpaaren neue tänzerische Ausdrückmöglichkeiten! So kann der Führende einen Break oder einen drastischen Wechseln in der Musik da zu nützen ein Solo einzulegen. Im Solotanz erfolgt die tänzerische Kommunikation durch „Empathy“. Ich finde dies ein sehr schönes Konzept im Swing-Tanz. Anstelle einer direkten Führung tritt wörtlich übersetzt, die Bereitschaft sich einzufühlen! Das bedeutet ein Partner macht eine Bewegung vor und das Gegenüber (Leader oder Follower, im Swing spricht man meistens nicht von Mann oder Frau oder Führender und Folgende und benutzt gleich die englischen Begriffe) ahmt sie nach oder ergänzt diese Bewegung sinnvoll.

Humor in Tango – Wie ernst muss man Tango nehmen?

In der Tango-Literatur ist mir folgendes Zitat von Enrique Santos Discépolo begegnet: „Tango ist ein trauriger Gedanke den man tanzen kann.“ Das erweckt den Eindruck, dass man depressiv muss um Tango zu tanzen. Ja sicherlich sparen viele Tangos negative Gefühle nicht aus und handeln von Liebeskummer, Einsamkeit oder die Ungerechtigkeit in der Welt. Aber muss man deswegen traurig sein? Humor ist wenn man trotzdem lacht! Wenn der Tango das schafft, dann hat er seinen Zweck erfüllt.

Auch manche Tangueras/os schauen so ernst als hätten sie keinen Spaß an dem was sie da tanzen. Meinst sind sie hochkonzentriert und tanzen ambitioniert. Vielleicht auch zu ambitioniert und nehmen den Tango ernster also mancher alte Tango-Musiker und Tango-Texter. Viele Tangos sind musikalisch verspielt und die Texte stecken teilweise voller Witz und Spott. Nun ein paar Beispiele die mir regelmäßig ein paar Lachfalten ins Gesicht zaubern:

„El monito“ von Julio De Caro

Ein Tango mit Pfeif-Konzert:

„Jueves“ von Julio De Caro

Tango mit verbalen Intermezzo am Schluss:

„Gato“ von Edgardo Donato

Ein Tango mit Katzenschreien, der sich über die Oberflächlichkeit der Menschen lustig macht. Den ganzen Text gibt es bei Todotango:

„Tengo mil novias“ von Enrique Rodriguez & Roberto Flores

Richtig lustig wird es bei diesem Valser. Der Sänger Roberto Flores ist wohl ein typischer argentinischer Angeber, da er prahlt „Tengo mil novias“ – „ich habe tausend Geliebte“ aber der Hintergrundchor macht sich fleißig über den Sänger lustig und singt: „Él las tiene en la imaginación“- „Er hat sie in seiner Vorstellung“. Und zum Schluss wird er auch noch ausgelacht: „Ja… ja… ja…“ Den ganzen Text gibt es bei Todotango:

„Se dice de mí“ von Francisco Canaro & Tita Merello

Bei dieser Milonga beschwert sich die Sängerin Tita Merello über die Gerüchte die über sie verbreitet werden. Ein Problem das auch in der heutigen Tango-Szene aktuell ist. Den ganzen Text gibt es bei Todotango:

Das war nur eine kleine Auswahl, die ich leider aus Zeitgründen nicht vervollständigen kann!

Rollenspiele

Geschlechtsneutrale Bezeichnungen greifen auch im Tango um sich. Deswegen redet man im Tango meist von Führende und Folgende.  Gleich ob man jetzt von Führende/Folgende oder Frau/Mann redet verbinde ich im Tango damit  eine Rolle die man beim Tanzspiel Tango spielt. Ähnlich wie bei „Räuber-und-Gendarm-Spiel“ gibt es bestimmte Rollen die man ausfüllen muss und nicht vermischen kann, damit das gesamte Spiel funktioniert. Nun wie sieht jetzt diese Rolle aus? Im Gensatz zum wahren Leben kann man die „festen Rollenmuster“ im Tango einfach wechseln. So kann man viel über die Rollen lernen:

„Herren“-Rolle

Öfters haben mir Frauen berichtet, die das erste Mal führen, wie anstrengend das ist. Selber tanzen, führen und immer ein Schritt voraus denken, und dann noch auf den Verkehr auf der Tanzfläche im Auge haben, das kann ganz schön anstrengend werden. Und dann sollte Frau auch noch auf die Musik achten! Um tanzen, führen und Musikalität unter einen Hut zubringen muss man die  einzelnen Elemente automatisieren. Hat man seine eigenen Bewegungen im Griff, dann kann erst ans Führen denken. Deswegen sollten Führende am Anfang möglichst einfach tanzen um auch noch führen zu können.  Mit ein bisschen Zeiteinsatz kann man einfache Schritte in der Männerrolle lernen. Und dann Erfolgserlebnisse wie das erste geführte Kreuz erleben.

„Damen“-Rolle

Und was lernen die Herren? Mann muss und man darf nicht mehr vorausdenken und sich einfach treiben lassen. Auch das ist nicht so einfach und bedeutet Übung. Bei ungeübten Führenden kann man dabei Überraschungen erleben, wenn sie die Richtung in der sie den Folgenden führen nicht freigeben. den Mann führt vorher zum Beispiel nicht frei gibt und Mann dann umfällt. Zudem versteht Mann warum die Frauen auf ihre Absätze schwören, da sie eh nur auf dem Fußballen stehen. Auch die Gehtechnik stellt eine Herausforderung da, da Mann immer erst auf den Gehimplus waren muss. Nach kurzer Zeit sind dann normale Schritte gut mach bar. Jedoch stellen geführte Ochos auch für mich noch immer eine Herausforderung dar. Am liebsten gebe ich die Last oder die Freude des führen auf, wenn mich die Musik nicht inspiriert. Im Idealfall wird Mann dann von führenden Partner inspiriert wie man auf dieses Lied tanzt.

Analyse von Führungsproblemen durch den Tanzlehrer

Als Tanzlehrer finde ich es unheimlich wichtig geführt zu werden. Meisten ist die Führung im Tango so subtil, das Fehler von außen nicht erkannt werden können. Spürt Mann als Tanzlehrer die Führung so kommt Mann schnell auf die Probleme.

Mann/Mann oder Frau/Frau

Eine Kombination habe ich ja noch vergessen, gleichgeschlechtliche Tanzpaare. Natürlicher Weise habe ich zur Kombination Frau/Frau keine Erfahrungen. Auch professionell Tanzpaare sind mir nicht bekannt. Oder kennt jemand ein Beispiel? Die Kombination von Mann/Mann finde ich aus didaktischer Sicht sehr hilfreich. Versagen die Worte, die Führung zu erklären, so bleibt nur noch die Demonstration. Spürt man als Mann die Führung so glaubt man, erstens das man es führen kann und zweitens wie sich sich anfühlt. Genauso wie Führung kann man dadurch auch Musikalität von Mann zu Mann übermitteln. Deswegen gehört zu einem erfahren Tanguero auch ein minderst Maß an Erfahrung als Folgender.Auch habe einige professionelle Tanzpaare in der Kombination Mann/Mann gesehen, die meist sehr sportliche und/oder sehr witzige Darbietungen zeigen. Einige Bespiel gefällig:

Mala Suerte – Bekenntnis eines Tangeros

Hier ist meine Übersetzung des wunderschönen Tango „Mala Suerte“. Der Titel „Schlechtes Glück“ auf gut deutsch also „Unglück“ verweist schon darauf, das der Tanguero der dort seine Situation schildern nicht so glücklich damit ist. Der Text erinnert mich an die Aussage eines alten Tangueros im Film „12 Tangos“. Auf die Frage wie viele Frauen er im Leben gehabt hat sagt er: „Viele und keine.“ Auch dieser Tango versucht die Beziehung zwischen Mann und Frau im Tango zu beleuchten. Aber am besten selber lesen:

„Unsere Liebe ging zu Ende.“ Sagtest du mir regungslos.
Ich dachte in meinem Inneren: „Möglicherweise hast du Recht.“
Ich dachte und ich gab dich auf die Einzige, die Einzige und Besitzerin deines Lebens, unterdessen setzte ich mit vollen Bewusstsein mein Herz aufs Spiel.

Ich kniff die Augen zu und presste die Lippen zusammen.
um dich nicht zu sehen, um dir nicht zu sagen, um nicht zu Schreien ein Adios
und als ich ruhiger wurde, ging ich hinaus zur Bar an der Ecke um mit vier Schlücken runterzuspülen, was deine Liebe sein mag.

Ich kann dir nicht versprechen das Leben zu ändern, das ich brauche
weil ich als Luftikus geboren bin und so auch sein werde bis ich sterbe.
Ich genoss die Gaudi, das Cafe, die Mädchen,
und wo es eine Milonga gab, konnte ich es nicht lassen hinzugehen.

Du weiß gut wie ich gewesen bin, du weiß gut wie ich gedacht habe
von meiner unmöglichen Unruhe, von meinem Drang mich rumzutreiben
Was für ein Pech, Wenn ich dich heute verliere! Was für ein Pech wenn ich alleine gehe.
Der Schuldige an allem bin ich bereits der sich nicht ändern kann.

Da ich weiß, dass mein Leben kein vorbildliches Leben ist.
da der Liebe für den Liebling hat muss geben und ich bin wie ein Stieglitz
der im golden Käfig ist, in seinem Gesang weint er immer das Lust am Fliegen hinter her…
Ich habe Pech gehabt, aber offen gestanden, ich bleibe dir dankbar, dass du meine Freundin und meine Frau warst…

Auch wenn das Leben irgendwann rigoros voranschreitet muss,kannst du dir schon sicher sein, das ich mich da dich erinnere.

Rezension: Tango – Zur Musik tanzen!

Wer wie ich, von Oberflächlichkeit von Musikalitätsworkshops von diversen Tangolehrern enttäuscht wurde, den kann ich dieses Buch empfehlen. Denn das Buch steigt tiefer und systematischer in die Tangomusik ein, als ich es bis jetzt erlebt hatte. Anhand von Musikbeispielen, auf der mitgelieferten CD, erklärt, der Musiker Joaquín Amenábar anschaulich die Merkmale und die Struktur des Tangos.

Zu diesen Buchtitel fällt mir eine Anekdote ein: Es war einmal auf einer kleinen Milonga irgendwo in Deutschland. Ich kam mit einer holden Maid ins Gespräch, die hinter der Bar stand. Voller Zweifel fragte die Barkeeperin mich: „Kommt es wir nur so vor oder tanzen die alle nicht im Takt?“ Nach einem kurzen Augenblick des Zögerns und des prüfenden Blickes erwiderte ich: „Die Hälfte tanzt doch im Takt. Das ist doch eine gute Quote.“

Der tapfere Ritter, der Tango lernt, hat am meisten mit zwei Ungeheuern, der Führung und der Musik, zu kämpfen. Einige Tanzlehrer haben für die Führung ein gutes didaktisches Angebot. Methoden um Musikalität zu unterrichten sind dagegen noch Mangelware. Genau diese Lücke will dieses Buch schließen. Anhand von Hörbeispielen auf CD erklärt es fundiert die Grundlagen wie Melodie und Rhythmus bis hin zum Analyse der komplexen Phasenstruktur von Tangos. Das Buch erläutert auch komplexere Rhythmen die im Tango vorkommen, wie Synkopen oder den 3-3-2 Rhythmus und eignet sich des wegen auch für den erfahren Tänzer.

Das Buch löst sich dabei von der üblichen Unterscheidung der Musik nach Orchestern, sondern zeigt unterschiedliche musikalische Mittel auf, die diese Orchester üblicher Weise benutzen. Mache großen Orchester wirkten über mehrere  Jahrzehnten hin weg und setzten in dieser Zeit sehr unterschiedliche Mittel ein. So wirkt Canaro in den 30er sehr rhythmisch und in den 50er dagegen sehr dramatisch. Diese Merkmale der Musik werden nicht theoretisch erklärt, sondern durch konkrete Musikbeispiele auf der CD erlebbar gemacht werden.

Bewusst wird bei den beigefügten Videos auch auf komplexe Schritte völlig verzichtet. Der Fokus des Buch liegt ganz auf dem Laufen zur Musik, zuerst alleine und dann, wenn man den Rhythmus im Blut hat, dann auch zu Zweit. Der Reiz des Buches liegt darin, das es uns auf komplexere Rhythmen im Tango aufmerksam macht und im Tangero den Ehrgeiz weckt nicht nur zum Grundschlag sondern auch zur Melodie, Synkope, 3-3-3 Rhythmus oder Off-Beat zu tanzen.

Besser wie das Buch ist nur noch die Workshop von Joaquín Amenábar:

3. Tango-Seminar mit Joaquín Amenábar „Tanzen mit der Musik“ Stuttgart, 19. und 20. Januar, 2013

Pa-na-ma Pa-na-ma Cu-ba

Jetzt wird sich wohl so mancher altgedienter Tanugero  fragen was hat das mit Tango zu tun? Pa-na-ma oder Cu-ba würde man ehesten beim Salsa vermuten.“Pa-na-ma Pa-na-ma Cu-ba“ handelt es sich um die Laut-malerische Umschreibung von einem 3-3-2 Rhythmus. Spricht man diesen Städte schnell hintereinander, so ergibt sich folgender Rhythmus mit Betonung jeweils auf der Eins: 1,2,3,1,2,3,1,2,1,2,3,1,…

Dagegen spricht man im Tango in der Regel von „Bue-nos Air-es“ und vom Viervierteltakt (4×4).  Der Grundrhythmus ist ein Viervierteltakt: 1,2,3,4,1,2,3,4,1,… mit der stärksten Betonung auf der 1 und einer schwächeren auf der 3. Legt der Musiker beide Rhythmen übereinander so ergibt sich:

1 2 3 4
1 2 3 1 2 3 1 2

Die Betonung aus dem Grundrhythmus haben sich verschoben! Und was bewirkt das? Am besten wir hören mal ein Beispiel:

Libertango von Astor Piazzolla, durchgehend 3-3-2 Todo mi vida von Aíbal Triolo, drei mal 3-3-2 bei 0:44, 1:40, 2:39

Bin noch auf der Suche nach weiteren Beispielen. Kennt jemand noch weitere?

Rezension: Der große Milonga-Führer

Fazit: Als Denk- und Streitschrift über soziale Beziehungen im Tango sehr unterhaltsam und anregend vor allem für „alte Tango-Hasen“.

Der Führer führt nicht durch konkrete Milongas, wie man bei diesen Titel vermuten würde. Den Titel dieses Buches, sollte der gemeine Tanguero/a  deswegen nicht so ernst Titel nehmen, genau wie diese Rezension.

Der Verfasser, Gehard Riedl, hat als „streuender Hund“, der von  Milonga zu Milonga zieht viele unterschiedliche Lebensraume des gemeinen Tangueros kennen gelernt. Seine Erfahrungen mit dem „Homo tangoies“ hat er dabei in eine soziologischen Abhandlung über den „Lebensraum“-Tango gepackt, die der mit lesenswerten Anekdoten belegt. So beschreibt eingehend „das Biotop – Milonga“ auf dem sich so viele unterschiedliche  „Lebensformen“ tummeln, die sich in unterschiedliche Klassen einteilen lassen, von der „Karate-Tanguera“ bis hin zum „gemeinen Figurenverdreher“.

Zu dem gibt das Buch Hilfestellung bei der Wahl des richtigen „Tango-Biotops“ auch Milonga genannt oder zu Wahl des richtigen Tango-Kurses. Dabei wird eingehend, auf ironische Weise, die Schwächen und Fehler der „Tango-Platzhirsche“ (Tanzlehrer, Veranstalter & DJ) anschaulich beschrieben. Auf Objektivität wird dabei bewusst und großzügig verzichtet. Da es sehr amüsant ist sollte am dem Autor die Narrenfreiheit lassen.

Mit besonderen Vergnügen habe ich auch die Kapitel über „bilaterale Krisen“ gelesen. Dort werden Themen behandelt, wie „Tango im Paarzwang“ oder „Die Erotik-Phase“. Dabei wird Licht in das Dunkel des Paarungsverhalten des noch geschlechtsreifen Tangeros/as gebracht. Vielleicht sollte ich meine Interesse an diesen Thema weniger durch Tanzen sondern mal durch die Lektüre von Tango und Gender befriedigen. Ist aber leider vergriffen!

Aber jetzt zurück zu dieser Lektüre. Ließt der gemeine Tangero/a diese  Naturbeschreibung des Tangos mit viel selbst Ironie, dann wird er einige Lebewesen, Biotope und Verhaltensweise in seiner persönlichen Tango-Universum wieder finden und herzlich darüber lachen können. Nimmt gemeine Tangero/a oder die Tango-Platzhirsche (Tanzlehrer, Veranstalter & DJ) das Buch jedoch tot ernst, so verwandelt er sich zum Compadrito der den Autor zum Duell fordern möchte. Auch ich stimme mit vielen Thesen im Buch nicht über ein, aber ich betrachte es als wertvolle und humorvolle Streitschrift neu über Tango nachzudenken.

Durch die Lektüre dieses Buches ist mir wieder eines völlig klar geworden: Jeder muss seinen eigenen Weg zum Tango finden. Es gibt keinen objektiven Weg der für alle richtig oder falsch ist.  Gehard Riedl hat seinen Weg zum Tango gefunden und in diesen Buch niedergeschrieben. Im Großen und Ganzen habe ich auch meinen Weg zur Welt es Tangos gefunden und werde ihn in diesen Blog beschreiben. Auch viele andere Tangueros/as entwickeln ihren eigenen Stil und ganz eigne Einstellung zum Tanzen. Genau diese Personifizierung des Tangos, mach den Reiz aus. Würde man mit Robotern tanzen die alle gleich reagieren würden, dann würde man schnell die Lust verlieren und sich nach Menschen mit Charakter sehen, vielleicht nach einer „Karate-Tanguera“ oder einem „gemeinen Figurenverdreher“. Mann sollte es nicht übertreiben, aber eine leichte Abweichung von der Tango-Norm wird von mancher Tanzpartnerin geschätzt.

Buenos Aires 2008